Rafalski Kommunikation

Ideenagentur für konzeptionelle Kommunikation und Gestaltung

Ein Nordtor zum Zentrum
Eberswalde

EIN NORDTOR ZUM ZENTRUM

DAS PROBLEM: Eberswalde ist eine Stadt, die an ihrer auf den Finowkanal bezogenen Industrie erwachsen ist. Kanal und Industrie sind seit langem ohne Bedeutung für Stadt und Region und liegen unentwickelt zäsierend im Stadtraum, doch immer mehr ihrer Bewohner wünschen sich eine Rückbesinnung auf den seit 1990 der Renaturierung überlassenen Kanal unter Erschließung des in ihm liegenden touristischen und Naherholungspotenzials.

EINE LÖSUNG: Eberswalde hat im Kontext seiner Umgebung nur einen geringen Teil seiner touristischen Möglichkeiten erschlossen, leidet sowohl einen Mangel an touristischer Infrastruktur, an Angeboten, als auch an entwickelten Land Mark Buildings, insbesondere an wasserorientierten. Die im Verlauf des Kanals zu einem großen Teil als Denkmal geschützen Bauwerke des Industriezeitalters verfallen bis heute oder sind bereits beräumt beziehungsweise überformt. Es fehlt an einer touristischen Konzeption und am politischen Willen, im Tourismus wirtschaftliches Potenzial zu erkennen. Doch gerade in einer integrierten touristischen Qualifikation von Stadt und Region beruhen Synergiepotenziale, die zugleich eine Aufwertung der Eberswalder Innenstadt als Einzelhandels- und Aufenthaltsort initiieren können. Denn gerade die Innenstadt leidet durch den Mangel an baulicher Kohäsion, Erlebnisdichte und auf den Menschen gerichteter Struktur an Verwaisung. Konzeptionslosigkeit in Bezug auf die Schaffung eines Lebensraums hat hier über drei Jahrzehnte eine Stadt für Fahrzeuge, also für die Passage evolviert, aber keinen Ort des Ankommens und Verweilens. Insofern sind Einzelhandel und Gastronomie unterentwickelt repräsentiert, tritt das Stadtzentrum bereits früh am Abend in den Zustand einer Geisterstadt über.

Das Stadtzentrum der Bandstadt Eberswalde in einen dreidimensionalen Lebens- und Aufenthaltsort weiter zu entwickeln ist möglich. Die Lösung liegt in dessen Hinwendung zum Wasser, in einer systematischen Ausweitung des Stadtzentrums in Richtung Finowkanal. Noch immer liegen zentral und am Wasser große Flächen brach. Zwischen Stadtwerken und Stadtschleuse bieten Grundstücke Möglichkeiten zur Installation funktional wie stadtgestalterisch notwendiger Land Mark Buildings, also von architektonischen Ikonen. Eine Neuanbindung der Uferflächen an die bestehenden Zentrumsfunktionen ist auf dem historischen Höhenniveau der Stadt möglich.

Städte am Wasser sind bevorzugte Städte. Wo immer Brücken in Städten einladen, werden sie zu Orten des Ankommens, zu romantischen Orten und Fotomotiven, und weniger als Orte des Passierens wahrgenommen. Der Ort der Friedensbrücke war für Eberswalde zu jeder Zeit ein besonderer: zunächst als jener im Verlauf der mittelalterlichen Via Imperii, die später mit einem Stadttor in Richtung Norden nach Angermünde, Prenzlau und Stettin aus der Stadt wies, dann auch mit dem grandios befahrenen Finowkanal und im Schnittpunkt beider Achsen bezeichnet durch eine ikonographische Zug- und ab 1938 Hubbrücke.

Die gegenwärtig sanierungsbedürftige Friedensbrücke an dem traditionellen Ort des Eingangs in die Altstadt wird durch Überstülpen von Geländer- und Beleuchtungsaufsätzen in ein neues und zeitgemäßes Nordtor verwandelt. Eine besondere Lichtsituation und die Entschleunigung des Verkehrs auf 30 km/h bedeuten dem Gast, dass er hier ein mit anderem Maß messendes Stadtgebiet betritt. Der vorliegende Entwurf, der eine ballige Reling aus Leimholz und drei Lichtsegel jedem der beiden vorhandenen Geländer überstülpt, kann die Friedensbrücke in ein gestaltetes Portal ins Stadtzentrum verwandeln, kann den neu entstandenen Ort der Kanalpromenade als einen Ort des Ankommens aufwerten und als Bindeglied zwischen Stadtschleuse und Stadtzentrum fungieren. Die Lichtsegel aus weißem Acryl an Rundmasten aus Eichen-Leimholz zeichnen exakt die Form der Segel der Kaffenkähne nach, die den Finowkanal im 19. Jahrhundert so reichlich und prägnant belebten. Die Kaffenkähne zählen zu den wesentlichen Symbolen der Regionalgeschichte, die in der Eberswalder Stadtschleuse einen ihrer zentralen Orte hatte und wieder haben kann. Die transluzenten Lichtsegel werden von einer LED-Röhre aus dem zentralen Vertikalmast angestrahlt und werfen so einerseits blendfreies Licht auf die Brücke, strahlen andererseits weithin sichtbar in Kanallaufrichtung. Mit ihrer Form behalten die Leuchten den prägnanten Anblick der Kaffenkahnsegel im Stadtbild und somit in der Erinnerung.

Die gestalterische Aufwertung der Kanalbrücke besäße Signalwirkung für eine zum Wasser hin gewandte Neuausrichtung einer Eberswalder Stadtentwicklungspolitik und unterstützt die Gewinnung weiterer Investoren zur Entwicklung innerstädtischer Konversionsflächen.